Fast alle russischen kulinarischen Historiker oder Köche,
die zur kulinarischen Geschichte neigen, sind sich einig: russische Pelmeni
stammen aus China, genauer gesagt, aus dem kontinentalen, westlichen Teil des
Reiches. Vor Jahrhunderten bereiteten dort die Menschen kleine Teigtäschchen
mit Fleischfüllung zu und ließen sie auf Vorrat gefrieren. Sibirische Völker
übernahmen das „Fastfood aus dem Gefrierfach“, es passte so gut zum harten
sibirischen Klima. Selbst der Name weist auf den Ursprung hin: Das russische
Wort „Pelmen’“ stammt vom udmurtischen „Pel-Njan’“, was „Ohr-Brot“
bedeutet.
In Sibirien waren Pelmeni schon im Mittelalter ein bekanntes
Gericht, verbreiteten sich dann mit der russischen Kolonisierung Sibiriens auch
im Ural-Gebirge. In ganz Russland wurden diese Teigtaschen erst am Anfang des
19. Jahrhundert bekannt, überwiegend in Großstädten, wo viele sibirische
Händler und Geschäftsleute verkehrten. Es wurden überall viele Tavernen
eröffnet, so genannte „Pelmennaja“, wo sibirische und uralische Pelmeni fast
die einzigen Hauptgerichte waren. Doch im
Westen des Landes kam diese nordasiatische Speise bei der Bevölkerung nicht an.
Die Pelmeni blieben also ein Traditionsgericht in den
Regionen hinter der Wolga, im asiatischen Teil Russlands. Genau so verhält es
sich auch heute.
Jede sibirische oder uralische Familie bereitet Pelmeni zu
fast jeder festlichen Gelegenheit zu. Die Anzahl der Pelmeni, die anzufertigen
sind, wird in etwa so berechnet: Für jedes Kind 10 bis 15 Stück, für jede Frau
15 bis 25, für jeden Mann 30 bis 40, dann werden noch 100 für zufällige, nicht
eingeladene, aber willkommene Gäste zusätzlich gemacht – am Ende können schon
mal leicht 200 – 1000 Stück rauskommen. Üblicherweise macht der Mann, der
Gastgeber, den Teig und die ganze Familie faltet Pelmeni am Vortag. Und wenn
man dann so zusammen am Tisch sitzt, werden in fast jeder solcher Familien
Geschichten erzählt. Wie ein Urgroßvater, oder Urgroßonkel oder sonst irgendwer
aus dem Umkreis wettete, dass er hundert Pelmeni auf einmal essen kann, dann
aber verlor, weil er nur 99 schaffte.
Sibirische Pelmeni
Für 200-250 Stück, Zeitaufwand 2-3 Stunden, je nach
Erfahrung
Für den Teig:
Wasser oder Milch ½ L
Eier 4 St.
Mehl 1 kg
Salz
Füllung:
Rindfleisch 1 kg
Schweinefleisch 1 kg
Zwiebeln 700 g
Milch 250 ml
Salz
schwarzer Pfeffer
Alle Zutaten für den Teig in eine große Schüssel geben, gut
vermengen. Empfehlenswert ist, nicht das ganze Mehl auf einmal zu nehmen,
sondern ein Glas Mehl zum Kneten übrig zu lassen.
Danach den Teig auf das große Holzbrett legen und, wie auch
in „Lapscha, Russische Nudelnsuppe“ beschrieben, gut durchkneten. Der Teig kann
etwas weicher als für Nudeln sein.
Fleisch in Stücke schneiden, Zwiebeln schälen, vierteln,
alles durch den Fleischwolf drehen. Milch dazugeben, mit Salz und Pfeffer
abschmecken, gut vermengen.
Fertigen Teig nehmen, ein 100g Stück abschneiden, zu einer
langer Rolle von etwa 1 cm Durchmesser rollen. Danach in gleiche, etwa 7-10 mm
dicke Stücke schneiden, mit dem Daumen flach und rund machen, mit Mehl
bestreuen.
Mit dem Nudelholz jedes Stück zu einem Kreis von 4-5 cm
Durchmesser und 1-2 mm Dicke ausrollen, in die Mitte etwa einen halben
Teelöffel Fleisch geben. Die gegenüberliegenden Ränder zusammenklappen und die
Ränder gut zusammendrücken. Der Pelmen' hat danach die Form eines Halbmondes.
Anschließend die zwei spitzen Enden zusammenführen und gut zusammendrücken.
Alle „Nahtstellen“ müssen lückenlos sein, damit sie beim Kochen nicht aufgehen.
Jeder fertige Pelmen' sollte eine mundgerechte Größe haben, da ohne Messer
gegessen wird. Andernfalls fließt die wertvolle Brühe aus dem Pelmen' auf den
Teller, anstatt in den Mund.
Alle fertigen Pelmeni werden auf ein mit Mehl bestreutes
Brett oder auf ein mit einem Küchentuch bedeckten und mit Mehl bestreuten Blech
abgelegt.
Wenn der letzte Pelmen’ fertig ist, Wasser in einem Topf zum
Kochen bringen, mit Salz, auf Wunsch auch mit Gewürzen abschmecken. Kräuter,
wie Dill und Petersilie dazugeben.
Pelmeni einzeln ins Wasser senken. Zur Kontrolle vorsichtig
mit dem Löffel umrühren, ob keine am
Boden kleben. Wenn alle Pelmeni oben schwimmen und das Wasser noch mal
aufkocht, dann die Hitze reduzieren und
ca. 5-7 Minuten köcheln lassen.
Für 30 – 40 Stück
braucht man etwa 4-5 L Wasser.
Fertige Pelmeni mit einem Schaumlöffel rausholen, in eine
Schale geben, Butter draufgeben, sofort servieren.
Pelmeni werden wahlweise mit Schmand gegessen, mit Essig und
roter, scharfer Paprika, mit geschmolzener Butter, mit gehackten Kräutern in
einem Fond wie eine Suppe. Manche Kinder in Sibiriern bekommen Pelmeni mit
Milch, eine Art Milchsuppe.
Zur Abwechslung mal
einige Witze, passend zum Thema:
In einer Pelmennaja in Odessa:
-Gast: Für mich bitte noch eine Portion Pelmeni.
-Kellner: Wieso? Zu wenig? Oder hat es ihnen etwa
geschmeckt?
-Herr Ober, warum sind meine Pelmeni kalt?
- Es sind eben sibirische.
Ein Elefant wälzt sich im Mehl, geht zu einem Spiegel und
sagt: „Meine Güte, was für ein Pelmen'!“
Ein Kannibale verkauft Pelmeni der Marke „Moja Semja“
(„Meine Familie“).
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