Bauländer Spelz, Dinkelsorte. |
Ich bin keine Vegetarierin, aber wenn
ich zum Beispiel auf den Kanaren bin, dann freue ich mich mehr auf regionale papas
arrugadas (Kartoffeln), als auf Gerichte vom Fleisch des kanarischen
schwarzen Schweins cochino negro. Ich lerne gern neue Gemüse- oder Getreidesorten
kennen, bekomme immer wieder Lust Zuhause etwas nachzumachen und mit neuen
Lebensmitteln zu experimentieren, exotische oder seltene Gemüse-, Obstsorten im
eigenen Garten zu pflanzen, wenn sie nicht in der Nähe zu finden sind.
Bauländer Spelz, Dinkelsorte. Bauland in Odenwald |
Im Sommer machte ich eine Entdeckung und
zwar nicht in der Ferne, sondern ganz nah, im „inneren“ Deutschlands, in
Odenwald. Das war der Grünkern - noch vor der Reife geernteter und gedarrter
Dinkel. Nicht nur das Produkt selbst, sondern auch die Geschichte der
Entstehung ist sehr interessant.
Not macht erfinderisch. Schwaben sind
die besten Erfinder.
Diese zwei Erkenntnisse auf einmal machen Wunder. Ein
Beispiel? Alle kennen die Geschichte, wie das Laufrad erfunden wurde. Die
Ursache war ein Vulkanausbruch im Jahr 1815: der Supervulkan Tambora in
Indonesien sorgte für einen vulkanischen Winter in Europa in 1816 und später.
Ähnliche Ereignisse wiederholten sich früher unter anderen in Jahren 1601,
1618, 1628. Man sagt, dass der Supervulkan wieder Schuld war, dass der
Klimawandel damals, diese schlechten kalten nassen Sommer die Ursache für
ständige Hungersnot, die erfinderisch machte, waren. Die Bauern in Odenwald kamen
auf Idee vorzeitig Dinkel zu ernten, noch bevor das Korn durch
Feuchtigkeit und Pilze (Mutterkorn) verderben konnte.
Unreifen Dinkel konnte man schlecht
mahlen und auch nicht lagern. Man musste das Korn trocknen. Zuerst wurde das in
einer Pfanne auf dem Herd / in Backofen gemacht.
Darrenstraße in Walldürn |
Darrenstraße in Walldürn |
Das erste Mal wurde der Grünkern in
1660 (Kellereirechnung des Klosters Amorbach) erwähnt. Später im 19.
Jahrhundert wurden für die Trocknung des unreifen Dinkels spezielle Darren
entwickelt, die man wegen der Brandgefahr außerhalb des Dorfes baute. Danach,
als die Grünkernproduktion auf dem Höhepunkt war, kamen industrielle
Anlagen.
Moderne Darre |
In der Nachkriegszeit ging die
Grünkernproduktion zurück, war aber nie ganz vergessen. Besonders in der Region
Bauland (Odenwald) ist diese lokale Spezialität noch immer präsent.
Unreifen Dinkel wird gedarrt |
Bauländer Spelz |
Zu unserem Glück, würde ich sagen. Weil
der Grünkern nicht nur gut schmeckt (ganz oder geschrotet), sondern auch
besondere Eigenschaften hat. Grünkern ist glutenfrei, reicher als Dinkel an
hochwertigen Eiweiß und Mineralien. Sättigend ist er auch. Vegetarier können
sich freuen: Grünkernküchle ist ein sehr leckerer Ersatz für Frikadellen in Burgern,
zum Beispiel. Und vegetarische Grünkernbutter schmeckt so gut wie, oder viel
besser, feiner als Fleischrillette oder
Fleischpastete. Man muss es nur ein Mal probieren.
Fränkischer Grünkern. |
Ich sage nicht "leider",
sondern wieder „zum Glück": Um zu probieren, muss man in die Grünkernheimat,
nach Bauland fahren, wo extra für Grünkernerzeugung die Dinkelsorte Bauländer
Spelz angebaut wird. Der fränkische Grünkern ist eine
regionale Spezialität und hat auch „Geschützte Ursprungbezeichnung“. Im Bauland
kann man Grünkernsuppe oder Grünkernküchle in der Menükarte von fast jedem
Restaurant oder Cafe finden.
Grünkernküchle |
Grünkernquark |
Weitere
Spezialitäten, wie Grünkernkuchen oder Grünkernbutter, sind nicht so leicht zu
entdecken, aber auch möglich. Besonders authentische Gerichte kann man finden,
wenn man Urlaub auf einem Bauernhof in
der Gegend macht. Zwar übernachtete ich dort nicht, aber während meiner Reise im
Bauland lernte ich nette Bäuerinnen kennen, die keine Geheimnisse aus ihren
Rezepten machten. So hatte ich auf der Rückfahrt ein paar Packungen Grünkern
von der „Vereinigung fränkischer Grünkernerzeuger“ und einige Rezepte als Mitbringsel
in meinem Koffer.
Viele Informationen kann man auf der Webseite der
Vereinigung finden:
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